Topinambur zählt neben Grünkohl zu denjenigen Gemüsesorten, mit denen ich mich nie so recht anfreunden konnte. Aber nun befand sich ein Häufchen dieser prägnant geformten Knollen – sie erinnern mich immer an eine Kreuzung aus Mäuseschnauze, Ingwerwurzel und Ottifantenrüssel – in meiner wöchentlichen Biokiste und wartete auf seine Verarbeitung.
Für eilige Leser nehme ich es gleich vorweg: das Ergebnis hat prima geschmeckt, Rezept siehe unten!
Vom Lebensretter zur Futterpflanze
Topinambur stammt aus Nord- und Mittelamerika, hatte dort französischen Auswanderern im frühen 17. Jahrhundert während einer Hungersnot das Leben gerettet und gelangte (vermutlich) mit Rückkehrern dieses Pionierabenteuers nach Europa. Von der Kartoffel als Nahrungsmittel verdrängt, wurde die merkwürdig geformte Knolle seit dem 18. Jahrhundert fortan zumeist als Futtermittel verwendet, was auch den südbadischen Namen „Ross-Erdapfel“ erklärt. Mittlerweile ist Topinambur fast nur noch auf Wochenmärkten und in Bioläden erhältlich, da der Anbau stark zurück gegangen ist. Schade.
Topinambur im Garten
Wer der Topinambur-Pflanze ein Plätzchen im eigenen Garten gewährt, freut sich im Spätsommer und Herbst über leuchtendgelbe Blüten und kann zwischen November und März die Knollen ausbuddeln. Dabei sollte man gründlich vorgehen, denn die Pflanze neigt zum Wuchern, bedingt durch ihre Rhizomen, die, ähnlich wie Bambus, für eine eher ungewollte Ausdehnung sorgen und sich daher nur durch Wurzelsperren an den ihnen zugewiesen Raum halten. Dafür ist sie äußerst robust und lässt sich auch von Frost nicht erschüttern.
Topinambur die Heilpflanze
Angeblich soll ja schon Hildegard von Bingen die Heilwirkung von Topinambur gekannt haben. Das widerspricht jedoch dem zuvor beschriebenen Reiseweg der Pflanze von Amerika nach Europa. Immerhin lebte und wirkte die heilkundige Äbtissin rund 600 Jahre zuvor. Wie auch immer, Tatsache ist, dass die „Sonnenwurzel“ über heilende Wirkung verfügt und beispielsweise in der Traditionellen Chinesischen Medizin zur Reinigung der Leber eingesetzt wird.
Besonders interessant ist Topinambur für den Ernährungsplan von Diabetikern oder Menschen mit Verdauungsproblemen und gestörter Darmflora. Grund hierfür ist der hohe Anteil an Inulin, einem besonderen Ballaststoff, der im menschlichen Verdauungstrakt nicht durch Enzyme aufgespalten sondern von sehr nützlichen Darmbakterien verdaut wird. Bei deren Tätigkeit wird Milchsäure freigesetzt, was den Darm widerstandsfähiger macht und die Ansiedelung guter und erwünschter Darmbakterien (sog. Lakto- und Bifidobakterien) fördert.
Ein weiterer Pluspunkt: mit Inulin kann der Körper mehr Kalzium und Magnesium aufnehmen, was dem Knochenapparat gut tut und der Osteoporose-Vorbeugung dient. Also, esst Topinambur!
Da allerdings nicht jedermanns Darmflora auf Anhieb mit dem Wunder-Ballaststoff klar kommt, sollte man sich beim Topinambur-Genuss anfangs etwas zurückhalten und erst einmal mit einer einzelnen kleinen Knolle beginnen. Die kann man sowohl roh knabbern, im Salat genießen oder in eine Suppe mit Wintergemüse hineinschneiden. Einfach ausprobieren. Wer empfindlich ist und es übertreibt, muss sonst mit Blähungen rechnen.
Zubereitung von Topinambur
Ähnlich wie beim jüngst besungenen Wirsing, sind auch beim Topinambur der Zubereitungsphantasie kaum Grenzen gesetzt. Beißen Sie ruhig einmal in eine frisch geschälte Knolle. Vom Gefühl her erinnert das an rohe Kohlrabi. Allerdings empfinde ich persönlich rohen Topinambur als recht fade. Da braucht es schon eine geschmackvolle Marinade (z.B. aus Zitrone, Reis- oder Apfelessig, Honig oder Agavendicksaft, Salz und Pfeffer), in der die geschälten und in Scheiben geschnittenen Topinamburstückchen mindestens 45 bis 60 Minuten ziehen sollten.
Wird Topinambur gegart, entwickelt er ein sehr intensives Aroma, das mich an Pastinaken erinnert. Andere beschreiben es als nussig bis süßlich. Als Gemüse pur ist er mir zu streng, aber in Kombination mit Kartoffeln und / oder Wurzelgemüse schmeckt er einfach prima. Wer keinen rohen Topinambur mag, kann ihn
- kochen (geschält und in Scheiben oder Stifte geschnitten ca. 15 Minuten in Salzwasser, anschließend abschrecken) oder
- braten (sehr klein gewürfelt oder in feine Scheiben geschnitten braucht er ca. 10 Minuten in heißem Pflanzenöl, um goldbraun zu werden. Am besten eine beschichtete Pfanne verwenden, sonst nimmt er eine graue Farbe an) oder
- backen (hierzu zunächst etwa 4 Minuten in Salzwasser blanchieren, dann bei 200°C Ober-/Unterhitze ca. 40 Minuten in Olivenöl backen. Zwischendurch ein- bis zweimal wenden)
Oder Sie probieren einmal diese feine Topinambur-Pfanne. So lecker!
Rezept Topinambur-Pfanne
Zutaten für 4 Personen als Beilage oder 2-3 Personen als Einzelgericht
400 g Topinambur
2 Karotten
5 kleine Pellkartoffeln (vom Vortag oder frisch gekocht)
2 milde Peperoni
1 große Zwiebel
200 ml Weißwein
1 Becher Crème fraîche (200 g)
ca. 50 g französischer, mildwürziger Weichkäse (z.B. Crème rouge)
ca. 50 g Pecorino gerieben
3 TL grüner Pfeffer (eingelegt)
3-4 Zweige frischer Thymian oder 1-2 TL Thymian getrocknet
Rapsöl zum Anbraten
Gemüsebrühepulver oder -paste (Tipp: aus Sannes Kräuterküche) nach Geschmack
Bärlauchsalz (z.B. von KräuterGott) und frisch gemahlener Pfeffer
Zubereitung
Topinambur schälen und in feine Scheiben (ca. 3 mm dick) schneiden, Karotten schälen und in Scheiben schneiden, Zwiebel in halbe Ringe schneiden, Peperoni fein hacken.
Erhitzen Sie das Öl in einer großen Pfanne (ich verwende einen Bräter, den ich anschließend auch in den Ofen stellen kann) und braten Sie die Zwiebeln mit Peperoni und Bärlauchsalz an bis sie leicht glasig sind.
Braten Sie dann Topinambur und Karotten kurz mit, geben Sie den Thymian dazu und löschen Sie das Ganze mit 200 ml Weißwein ab. Wenn der Wein kocht, geben Sie etwas Gemüsebrühepaste und grünen Pfeffer hinein und köcheln Sie das Gemüse bei geschlossenem Deckel auf kleiner Flamme ca. 15-20 Minuten. Der Topinambur soll weich werden.
Schneiden Sie währenddessen die (geschälten) Pellkartoffeln in Scheiben und heizen Sie den Backofengrill vor.
Zum Ende der Garzeit fügen Sie frisch gemahlenen Pfeffer, die Kartoffeln und die Crème fraîche zum Gemüse. Abschmecken nicht vergessen!
Geben Sie den Weichkäse in Stückchen auf Ihre Topinambur-Pfanne, streuen Sie den geriebenen Pecorino und noch etwas Pfeffer darüber und schieben Sie den Bräter in den Ofen. Gratinieren Sie das Ganze ein paar Minuten bis der Käse zerläuft und etwas Farbe annimmt.
Tipp: Genießen Sie Ihre Topinambur-Pfanne entweder als Einzelgericht oder als Beilage zu kurzgebratenem Fleisch, z.B. Minutensteak.
Guten Appetit!